Bitttage

Was haben die Menschen in der mittelalterlichen Agrargesellschaft bittend und betend die Hände gerungen! Im Frühling, wenn alle Feldfrüchte zu wachsen begannen, galt es, gutes Wetter und gute Ernte herbeizuflehen. Denn Ernteausfall konnte gefährliche Hungersnöte nach sich ziehen. In Prozessionen und Bittgängen über die Felder brachten die Menschen ihre Anliegen vor Gott. Die Worte Bitten und Beten gehören eng zusammen. Gebet wiederum umfasst immer auch das Danken. So spannt sich ein jahreszeitlicher Bogen von den (Ernte-)Bitttagen im Frühjahr bis hin zum Erntedankfest im Herbst.

Heute muss bei uns niemand hungern, wenn es eine schlechte Ernte gibt. Doch wenn wir den Blick auf Weltregionen lenken, in denen Überfluss an Nahrungsmitteln weniger selbstverständlich ist, bleibt die Bitte um das tägliche Brot ungebrochen aktuell. Als Anlass, über verantwortlichen Umgang mit der Schöpfung und gerechtes Wirtschaften nachzudenken, gewinnen die Bitttage einen neuen Sinn.

Katholiken in ländlichen Gegenden begehen die drei Bitttage unmittelbar vor Christi Himmelfahrt oft noch mit Flurumgängen über die Felder. In der modernen Gesellschaft, in der die Landwirtschaft keine bestimmende Rolle mehr spielt, entstehen neue Formen, die Bitttage zu feiern. Allgemein wird um Gottes Segen für die Arbeit der Hände gebetet – in dem Wissen, dass deren Gelingen nicht allein von der eigenen Anstrengung abhängt.

Evangelische Christen haben das Anliegen der Bitttage auf den Sonntag Rogate (»Bittet!/ Betet!«) übertragen, den sechsten Sonntag nach Ostern.