Pörksen/Schulz von Thun: Die Kunst des Miteinanderredens
Das Buch liest sich, wie sich ein guter Podcast anhört: lebendig, nuancenreich und auch bei wiederstreitenden Ansichten voller Wertschätzung. Die beiden befreundeten Wissenschaftler treffen sich seit 2014 regelmäßig zu Gesprächen: Friedemann Schulz von Thun, der berühmte Kommunikationspsychologe, dessen »Kommunikationsquadrat« mit den »vier Ohren« längst so etwas wie Gemeingut ist. Und der in Tübingen lehrende Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen, gefragter Experte zur medial vermittelten öffentlichen Kommunikation.
Ihren Dialog haben sie aufgenommen, auf 826 Seiten transkribiert und jetzt zu einem rund 200 Seiten starken Band verdichtet, der trotzdem kein schwerer Brocken ist. Der besondere Reiz liegt im Verweben der beiden Tonspuren: hier der Psychologe, der auch für verfahrene Kommunikationssituationen Exitstrategien aufzuzeigen weiß. Dort der Analytiker, der das vielstimmige Gewirr im öffentlichen Diskurs verständlich einordnet. Beides ergänzt sich zu einem Buch, das nicht nur für den Dialog mit den Liebsten hilfreich ist, sondern auch die gesellschaftliche Kommunikationskultur erhellt.
Dabei plädieren die beiden keineswegs für ein weichgespültes Miteinander. Vielmehr zeigen sie auf, wie eine respektvolle Konfrontation und ein klärender Umgang mit Machtattitüden, Lügen und Polemik gelingen kann. Beides ist aus ihrer Sicht für die Demokratie überlebenswichtig. Und noch etwas stellen sie heraus: »Die Kunst des Miteinanderredens ist eine Lebensaufgabe«, kein im Schnellverfahren zu lernendes und anzuwendendes Rezept, wie es manche Coaches gerne versprechen. Ein gehaltvolles Buch, das sich bei aller Substanz entspannt lesen lässt – und das Lust macht auf einen achtsamen kommunikativen Umgang miteinander.
Bernhard Pörksen/Friedemann Schulz von Thun: Die Kunst des Miteinanderredens. Über den Dialog in Gesellschaft und Politik. Hanser Verlag München 2020. 20 Euro.