Demandt: Grenzen
Gott ist auch ein Grenzzieher: Der Schöpfer schied die Dunkelheit, so dass Tag und Nacht wurde, er trennte die Wasser und Erde kam hervor. Wer Grenzen zieht, definiert. Ein Raum für Geborgenheit entsteht, »Identität«, anstatt unbestimmter Weite. Zugleich trennen Grenzen, schaffen Leid, töten.
In seinem neuen Buch schreitet Alexander Demandt vielfältige Grenzen ab. Er bestimmt das Wort und den Begriff in seinen Dimensionen: In der Mathematik, den biologischen Lebensräumen, im Christentum, in der Sprache. Er beschäftigt sich mit zeitlichen, kosmisch-physikalischen und Sach-Grenzen, etwa in der Philosophie und im Recht. Auf rund 600 Seiten und anhand zahlreicher Karten fördert Demandt spannende Fakten zutage: Etwa, dass sich die Anzahl der Grenzen trotz Globalisierung erhöht hat. Ein faktenstrotzendes Kompendium, das sich dem so präsenten Phänomen in der ganzen Tiefe widmet.
Demandt hält die Grenzöffnung für Geflüchtete von 2015 für einen Fehler, kritisiert in einem Nachtrag jedoch auch die darauffolgende restriktive Kehrtwende. Damit macht er einmal mehr deutlich, dass sich die Ambivalenz von Grenzen nicht auflösen lässt. Nur, dass man bewusster und sensibler damit umgehen kann. Es gelte, so Demandt, das rechte Maß zu bestimmen.
Alexander Demandt: Grenzen. Geschichte und Gegenwart, Belin: Propyläen-Verlag 2020, 28 Euro.